MOBILE TIMES Archiv Startseite : Archiv : Heft 13 : Artikel

Artikel aus Mobile Times 13

Weltweiter Ortstarif

Am 15. Februar war es soweit: 61 Länder der World Trade Organization unterzeichneten eine Übereinkunft zur weltweiten Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes. Bis 1998 sollte diese Übereinkunft in lokale Gesetze umgesetzt werden. Zeitgleich werden Satelliten endlich zum Massenprodukt.


Projekte für weltweite Telekommunikation gab es schon bisher. Bereits seit einigen Jahren im Einsatz sind die Intelsat-Telephone in Größe eines Aktenkoffers. Auch zwei Konsortien für ein Satelliten-Handy - Iridium und Globalstar - planen schon seit einiger Zeit ihre Satellitennetze (MT-5/ Seite 18). Mittlerweile sind die Planungen abgeschlossen und die Starts der Satelliten haben begonnen. Und wenn auch die Telecom-Produkte einwandfrei arbeiten, so kann man dies von den Trägerraketen nicht unbedingt behaupten.

Massenware Satellit

So mußte der geplante Start der ersten drei Iridium-Satelliten mittlerweile dreimal verschoben werden, da bei den McDonnell Douglas Delta II Raketen verschiedene technische Probleme auftraten. Doch wurden bei der jahrelangen Planung solche Startverzögerungen, und auch der Verlust von 10% der Satelliten schon von vornherein mit einkalkuliert.

Die Frage ob Iridium oder Globalstar zuerst in Betrieb gehen werden ist dadurch aber wieder spannend geworden. Denn wer mehr Pech mit dem Wetter oder kleineren technischen Gebrechen hat, ist ja nicht vorherzusehen.

Was aber diese zwei geplanten Netze trotz Startverzögerungen schon bewirkt haben, ist, daß Satelliten nicht länger viele Millionen pro Stück kosten und in mühevoller Kleinarbeit zusammengebastelt werden, sondern in Großserien vom Band laufen. So hat zum Beispiel Alcatel Frankreich jüngst von General Electrics Starsys einen Auftrag über 24 LEO-Satelliten inklusive Bodenstationen bekommen, während solche Projekte früher ein oder zwei Geräte umfaßten. Das Netz von GE Starsys soll übrigens der logistischen Verwaltung von Fahrzeugflotten und der Verfolgung von Containern oder gestohlenen Fahrzeugen dienen.

Paging im Weltall

Doch nicht nur Handys lassen sich von LEO-Satelliten aus betreiben. Genauso wie es terrestrisch neben den GSM und ETACS Netzen auch noch Pager gibt, so gibt es auch Paging via Satellit. Der Betreiber Orbcomm will Mitte dieses Jahres mit dem regulären Angebot beginnen.

Mit dem Communicator von Orbcomm kann man aber nicht nur alphanumerische Texte übertragen. Orbcomm nutzt sein Satellitensystem außerdem noch dazu dem Anwender dessen Position mitzuteilen: GPS und Pager in einem. Da man die Texte aber nicht nur empfangen sondern - im Gegensatz zu herkömmlichen Pagern - auch senden kann, liegt die Idee nahe, diese Texte auch als E-Mail ins Internet zu speisen, was ja bezüglich Erreichbarkeit oft besser als ein Telephon ist.

Aber wo kann man nun die Benutzungsrechte für alle diese Dienste erwerben? Für das Telephon geht man zur Post, für das Handy zur Mobilkom oder max.mobil. Wohin aber geht man, wenn man ein Satelliten-Handy oder einen Weltraum-Pager haben möchte?

Freihandel auch für Information

Bisher mußte man dafür zur Post gehen. Und ähnlich den Roaming-Abkommen bei GSM haben die Betreiber für die diversen Satellitendienste Verträge mit den lokalen Postverwaltungen abgeschlossen, um ihre Dienste anbieten zu dürfen.

Seit dem 15. Februar ist dem aber nicht länger so. Einundsechzig Länder der World Trade Organization haben ein Abkommen unterzeichnet, das es allen Anbietern von Telecom-Diensten erlauben wird in allen Unterzeichnerstaaten ihre Leistungen zu verkaufen. Natürlich muß dieses Abkommen noch in den Unterzeichnerstaaten ratifiziert und von den Parlamenten in Gesetzesform gebracht werden (und das wird bei uns in Österreich sicherlich länger dauern als anderswo), doch dann kann man aus Anbietern der westlichen Staaten frei wählen.

Von den wichtigen Staaten dieser Welt (also die Dritte Welt ausgenommen) haben nur Japan, Rotchina und die Russische Föderation dieses Abkommen nicht unterzeichnet. China und Rußland wahrscheinlich aus Gründen der Kontrolle ihrer Bürger, und Japan aus protektionistischen Gründen, um seiner eigenen Telecom-Industrie den 100 Millionen-Markt Japan zu erhalten.

Was bedeutet dies nun für den Anwender? Nun, sollte zum Beispiel der (fiktive) Anbieter Anchorage Communications Ltd. seine Dienste bei uns anbieten, und billiger sein als unsere heimische Post, so läßt man in Zukunft einfach die Leitungen kappen, schraubt eine Schüssel aufs Hausdach, und voilà, schon telephoniert man billiger.

Doch auch für den mobilen Anwender bringt dies Vorteile: ein Anbieter, der die Gespräche über Satelliten abwickelt, erspart es sich einerseits in jede Talschaft eine Sendestation zu stellen, andererseits fallen die Roaminggebühren weg, da jeder Punkt der Erde mit den eigenen Geräten des Anbieters erreichbar ist, und daher in dem selben Tarifbereich liegt. Begriffe wie Ortstarif, Fernzone II oder Roaming sollten daher der Vergangenheit angehören, und man könnte weltweit zum Einheitstarif telephonieren. Und auch die Gewinnspannen der lokalen Postbetriebe fallen weg, wenn jeder im liberalisierten Markt direkt anbieten darf.

Wenn unsere Post also die Ortstarife erhöht, wie von einem Vorstandmitglied vorgeschlagen, könnte das so mancher Kunde als Aufforderung zum Wechsel zu einem internationalen Anbieter auffassen, sobald die entsprechenden Gesetze dazu beschlossen sind.

Michael Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 10. Februar 2003
Text © 1997 by Mobile Times; HTML © 2001-2003 by Mobile Times
Valid HTML 4.01!